Klagen für’s Klima

Als ehrenamtliche Initiative engagiert sich der Klimaentscheid Bayreuth für regionalen Klimaschutz. Das Bürgerbegehren zur Klimaneutralität wurde im Sommer 2022 von der Mehrheit des Stadtrats abgelehnt. Unser Ziel – Klimaneutralität bis 2030 – konnten wir bisher nicht über den Dialog mit der Stadt erreichen. Deshalb haben wir uns entschieden, den Weg der Klage einzuschlagen.

Bereits vor zwei Jahren wurde das Bürgerbegehren des Radentscheids für unzulässig erklärt und die Forderungen einer besseren Fahrradinfrastruktur nur unzureichend umgesetzt. Zur Enttäuschung vieler Unterzeichnenden sendete die Ablehnung des Bürgerbegehrens außerdem ein entmutigendes Signal, sich demokratisch für ein klimafreundliches Bayreuth einzusetzen. Doch wenn wir das 1,5 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens ernst nehmen, muss auch Bayreuth seinen Teil leisten und zwar so schnell wie möglich. Weil wir uns nicht entmutigen lassen dürfen, haben wir uns zum Klimaentscheid Bayreuth zusammengeschlossen – wir sind der fünfte Klimaentscheid Deutschlands.

Inzwischen wurden über 85 Klimaentscheide von der NGO GermanZero inspiriert oder initiert, mit der Strategie, Klimaneutralität bis spätestens 2035 sowohl auf der Bundesebene als auch lokal über einen “bottom up”- Ansatz anzustoßen. Im November 2020 wurde das Bürgerbegehren ins Rollen gebracht, mit der Forderung an die Stadt, konkrete Maßnahmen zum Erreichen von Klimaneutralität bis 2030 auszuarbeiten und umzusetzen, welches die Stadt mit einer für uns nicht nachvollziehbaren Argumentation abgelehnt hat – dazu gleich mehr.

Über 5.000 Unterschriften wurden in weniger als zwei Jahren an den unterschiedlichsten Orten gesammelt. Ob an der Universität, in der Marxstraße, Wilhelminenaue oder im Hofgarten- das positive Feedback hat uns gezeigt, insgesamt teilen Bayreuther Bürger:innen unsere Auffassung. Bayreuth muss sich Klimaschutz nicht nur auf die Fahne schreiben, sondern auch umsetzen.

Aufgrund der erfolgreichen Sammelaktionen kamen wir mit der Presse und einigen Stadträt:innen in Kontakt. Als Folge etlicher Gespräche verpflichtete sich die Stadt zur Klimaneutralität bis 2040, das lässt sich als ersten konkreten Erfolg verzeichnen. Doch da mit diesem Beschluss das 1,5 Grad Ziel in keinster Weise eingehalten werden kann, haben wir gemeinsam beschlossen, die gesammelten Unterschriften einzureichen, um weiterhin für ein klimaneutrales Bayreuth bis 2030 zu kämpfen. 

Kurz darauf hat der Stadtrat auf Empfehlung des Rechtsamts das Bürgerbegehren für materiell unzulässig erklärt. Die formale Gültigkeit wurde mit dem Einreichen der 3502 gültigen Unterschriften, das entspricht 6 % aller Stimmberechtigten der Stadt Bayreuth, erfüllt. Aufgrund einiger Gespräche mit Personen aus dem Stadtrat haben wir die Ablehnung bereits antizipieren können. Wie auch die Fraktionen Bayreuther Gemeinschaft und die Grünen, zweifeln wir die Entscheidung des Rechtsamts an. Nicht zuletzt befürwortete Scientist For Future Bayreuth unsere Forderung und kritisierte die Ablehnung des Bürgerbegehrens. Dass Veronika Thalhammer aus

unserem Team den Klimaentscheid Bayreuth als Rechtsanwältin vertritt, war die notwendige Voraussetzung, den Schritt der Klage zu gehen. Unter Anderem bekamen wir Unterstützung von Professorin Dr. Lohse, die einen Lehrstuhl für Öffentliches Recht an der Uni Bayreuth innehat.

Doch wie begründet die Stadt die materielle Unzulässigkeit? Und warum finden wir die folgenden Argumente nicht überzeugend?

Als Erstes sei die Forderung eines verbindlichen Maßnahmenplans, der in einer Bürger:innenversammlung diskutiert und umgesetzt werden soll, zu unbestimmt. Ein verbindlicher Maßnahmenplan könne nicht gefordert werden, wenn dessen Inhalt noch nicht feststehe. Wir sind überzeugt, dass sich die Stadt durchaus zu einem noch nicht ausgearbeiteten Plan verpflichten kann. Der Stadt soll gerade kein fremdbestimmter Plan auferlegt werden, sondern ihr ein Gestaltungsspielraum gelassen werden, welche Maßnahmen sie für die Zielerreichung selbst für zweckmäßig erachtet. Außerdem ist die Forderung eines verbindlichen Maßnahmenplans legitim, da ein unverbindlicher Maßnahmenplan widersprüchlich wäre. An dieser Stelle ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass ein Bürgerbegehren ein demokratisches Mittel ist, welches für jede Person zugänglich sein muss. Das bedeutet auch, dass keine juristische Expertise erforderlich sein darf, um die Belange in Form eines Bürgerbegehrens zu formulieren. Als Nächstes kritisiert die Stadt die Umsetzung des Maßnahmenplans aufgrund eines potenziellen Verstoßes gegen Haushaltsgrundsätze. Ein Bürgerbegehren ist jedoch nur dann unzulässig, wenn ein solcher Verstoß bereits zum jetzigen Zeitpunkt feststeht. Allerdings kann die Stadt durch den bisher noch nicht konkreten Maßnahmenplan jene Maßnahmen frei wählen, die nicht gegen Haushaltsgrundsätze verstoßen. Außerdem ist die Stadt der Ansicht, die Forderung des Klimaentscheids sei faktisch unmöglich, führt dafür aber keine überzeugenden Argumente auf.

Der Klimaentscheid hat sich für die Klage entschieden, damit der Stadtrat sich nicht vor ambitionierten Klimaschutz wegducken kann und das Thema weiterhin in Bayreuth auf dem Tisch bleibt. Die Klage bietet das Potenzial, auch über Bayreuth hinaus eine Wirkung zu entfalten. Ein solches Gerichtsurteil über ein Bürgerbegehren dieser Art ist ein Novum und gerade deshalb ist er für andere Klimaentscheide von Relevanz. Zum einen kann die mit der Klage verbundene Öffentlichkeitsarbeit andere Klimaentscheide ermutigen, bei Widerständen seitens der Stadträt*innen nicht aufzugeben. Zum anderen wird die Klage unabhängig vom Ausgang des Verfahrens mehr Klarheit schaffen, wie klimabezogene Forderungen in Bürgerbegehren aus rechtlicher Sicht formuliert werden sollten.

Anmerkung: Die Rekonstruktion der Klage spiegelt nur eine vereinfachte und verkürzte Version der Original-Klageschrift wider.

Die Klage erfordert inhaltliche Auseinandersetzung, Durchhaltevermögen aber auch finanzielle Ressourcen. Daher sind wir sehr dankbar für jeden gespendeten Euro über Crowdfunding. So können wir die Durchführung unserer Klage ermöglichen. Spenden könnt ihr über unsere Webseite https://klimaentscheid-bayreuth.de

Wir freuen uns außerdem über neue Mitglieder:innen, die Lust haben, sich für ein klimaneutrales Bayreuth einzusetzen.

Von Helen Röder, Klimaentscheid Bayreuth

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