Beachpolo in Sommerschield

Von Raphael Guba

Tooor, die hier so häufigen Prostituierten kreischen, der Geldadel johlt, die Diplomat*innen. Das arme Vieh ächzt und schäumt unter dem zu schweren Jockey (Afrikaaner. Bloemfontein. Wohlhabend, was sonst?), aber das ist ebenso egal, ob man das, was man gesehen hat, Tor nennt. Für welches Team überhaupt? Das wohl wichtigste Event vor den Standard Bank Open und man muss noch nicht einmal nach Pretoria, Porto oder Paris, dafür muss aber alles hierher, Rösser aus Argentinien via Südafrika, Wein aus Portugal und natürlich Champagner. Hauptsache kostspielig! Das einzig Lokale an diesem Festtag sind die Langusten und Austern. Wäre nur das Land so reich wie der Indik.

Ein Meer aus Sonnenschirmen, lustigen Hüten, denn die gehören immer dazu, wenn Rassepferde und Geld zusammentreffen sowie verschiedenfarbigen Menschen (Diversity kann man!) wimmelt sich um einen provisorischen Poloplatzt, auf der einen Seite die See, auf der anderen die Heimat. Auf diesen paar unbeständigen Metern zwischen Land und Wasser drängen sich die kläglichen olivfarbenen Überreste des Kolonialreichs, FRELIMO-Bebés, die Bergbauelite, ein paar Buren und die, die hier gestrandet sind. Herr Wastulus etwa meint, dass es schlimmere Orte gibt, etwa Kongo-Brazzaville, hier kennt man sich immerhin. Zum Beispiel Ignacius Pfaff, und das Trio Donna-Senhorita-Fiffi, ein reizendes Frau-Frau-Hündchen-Gespann, den Minister für Natürliche Ressourcen.

„Everysing here is about development, but sats not only business, it’s also friendship, baby!”

Eine burgoneske* Frau kriegt sich kaum ein, sie bebt wie ein Truter, stimmt doch alles, was Herr Wastulus sagt, der gute Champagner, na so gut ist er auch wieder nicht, rinnt ihr ins Dekolleté und benetzt ihren ohnehin schon transparenten Leinenkaftan. „Hier bin ich frei“, denkt sie sich. Aber dann denkt sie sich, warum nicht schreien?

„Hier bin ich frei!“ Und alle lachen herzlich.

Alle sind da, die guten Leute von Polana und die noch viel besseren von weiter oben. Sie vergessen für wenige Stunden das Elend, das sie umgibt, das immer fort versucht, in ihre Apartments und Villen hineinzukriechen und ebenso energisch herausgefegt werden muss wie der alles vernebelnde Staub, der von den niedriger gelegenen Bairros in die Oberstadt getragen wird, den Krieg. Sie haben es sich verdient, wie Menschen zu leben, Spaß zu haben und sich wenige Augenblicke nicht fürchten zu müssen, vor dem Mob, den fanatisierten Massen, der sie nur ihrer Äußerlichkeiten wegen ausraubt, bedroht.

Nur weil sie ein vernünftiges Auto fahren, einen gewöhnlichen X3 etwa, wissen sich anständig zu kleiden, wie die in Europa und Geld verdienen. Verdienen! Verdient haben sie das alles. Der Rest, das sind die Schmarotzer, Kakerlaki, einfach nur Abschaum, das aller Letzte. Die Maids und Boys dieser Stadt würden wohl keinen Moment zögern, wenn es darum ginge, die Revolution auszuführen, also jene zu meucheln, die ihnen in der Vergangenheit großzügig ihre Hände entgegen gereckt haben. Nichts Neues hier unten.

Das Spiel ist zu Ende, interessiert eh niemanden. Die Sonne ist inzwischen untergegangen und taucht die Silhouette der Stadt bestehend aus Plattenbauten, Araukarien und Palmen in wohliges Rot.  Ein UN-Kind, das sonst den Rest des Jahres an der Upper Eastside verbringt, grölt:

“Play some bootyshaking shit and have fun!”

Diesen “Fun” haben dann auch alle, wer weiß, wie lange diese Stadt noch funktioniert, das fragile Gleichgewicht zwischen Oben und Unten aufrechterhalten werden kann. Unterschichtsmusik, die dann doch alle kennen, trifft seichte US-amerikanische Scheiße. Sogleich gesellt sich eine Schar reich dekorierter Huren auf das eben geräumte Spielfeld. Ältere wanstige Herrschaften, darunter natürlich die Herrn Wastulus und Pfaff, schneiden sich ihre Zigarren an, während ihre ebenso schlecht gealterten Gattinnen in rauschiger Apathie versinken.  Dona beginnt zu weinen, sie träumt von Lourenço Marques, von blühenden Akazien und Jacarandas, von bimmelnden Straßenbahnen und rauschenden Festen.

*Burgonesk (Adjektiv) meint in diesem Zusammenhang mittelalte opulente, schrille und reich geschminkte Partylöwinnen, seltener auch Partylöwen.