Eine kleine Rundschau, was Bayreuther Studierende über „Impfprivilegien“ & Co. denken.
von Amelie Dümler und Lukas Büttner
„Soziale Spannung, doppelter Nachteil für Jugendliche, Verschärfung des Generationenkonflikts…“ Die neuen Lockerungen der Bundesregierung haben ordentlich für Furore gesorgt. Von nun an sind jedenfalls vollständig Geimpfte oder Genesene auf dem Weg in ein Leben ohne Einschränkungen einen großen Schritt vorangekommen. Aber auch das Vorweisen eines Negativ-Tests erlaubt Vieles. Auf den ersten Blick könnte man die jüngere Generation, die bis vor kurzem noch ganz am Ende der Impfpriorisierungskette stand, dennoch als „Verlierer:innen“ der neuen Regelungen sehen. Wir haben sechs Studierende befragt, wie sie zu den neuen Beschlüssen der Regierung stehen.
Fühlst du dich durch die Infektionsschutzmaßnahmen in deinen Grundrechten (wie etwa deiner persönlichen Freiheit) eingeschränkt?
Ja. Aber es ist auch in Ordnung, ich möchte mich darüber nicht beschweren. Manchmal müssen die Grundrechte eingeschränkt werden, um andere Grundrechte zu schützen. Ich bin mir in jedem Fall absolut sicher, dass ich meine Grundrechte in Zukunft wieder bekomme. (Florian S., 22, 6. Semester P&E Bachelor)
Haben die kürzlich erfolgten Lockerungen für Geimpfte und Genesene etwas an deiner Einstellung zum Impfen geändert?
Nein. Für mich war von Anfang an klar, dass ich Corona auf keinen Fall bekommen möchte. Um mich optimal zu schützen, möchte ich mich deshalb auf jeden Fall impfen lassen. Diese Entscheidung steht für mich völlig unabhängig von den nun erfolgten Lockerungen für Geimpfte. Die bisherigen Regelungen zum Infektionsschutz waren meiner Meinung nach richtige und absolut gerechtfertigte Einschränkungen der Grundrechte. Da von den vollständig Geimpften und Genesenen auch kein bedeutendes Übertragungsrisiko mehr ausgeht, fällt die Begründung für diese Einschränkungen nun aber weg. Ich sehe zwischen meiner Impfbereitschaft und den nun erfolgten Lockerungen demnach keinen Zusammenhang. (Lena K., 26, 2. Semester BWL Master)
Kannst du die Argumentation der Bundesregierung zu den Lockerungen der Gesundheitsschutzmaßnahmen für Genesene/Geimpfte verstehen – oder findest du, dass erst jeder:m ein Impfangebot gemacht werden sollte?
Nun, ich denke der Bundesregierung beziehungsweise den für Infektionsschutz zuständigen Landesregierungen sind hier die Hände gebunden. Denn die Grundrechte, um die es hier geht, werden größtenteils individuell zur Verfügung gestellt. Demnach gibt es so etwas wie solidarisch gewährte Grundrechte nicht. Wenn ich deshalb nun geimpft bin und von mir keine Gefährdung ausgeht und ich selbst auch nicht mehr gefährdet werde, dann muss ich natürlich von diesen einschränkenden Maßnahmen ausgenommen werden. Rechtlich ist es also so, dass mir meine Freiheiten in diesem Falle wieder vollumfänglich gewährt werden müssen. Der Bundesregierung sind hier also die Hände gebunden. Man kann, selbst wenn man es wollte, in dieser Frage nicht anders verfahren. (Felix M., 25, 10. Semester Jura)
Fühlst du Dich von der älteren Generation in Bezug auf den Solidaritätsgedanken „hintergangen“ und hast du durch die Entscheidung der Bundesregierung Angst vor einer Verschärfung des Generationenkonflikts?
Also Angst vor einem Generationenkonflikt habe ich direkt nicht. Ich denke auch, dass in den nächsten zwei bis drei Monaten vermehrt jüngere Menschen geimpft werden. Sollte es allerdings wider Erwarten doch zu einem Impfstoffmangel kommen, fände ich es schon etwas unfair gegenüber der jüngeren Generation, wenn nur ältere Menschen geimpft würden. Ich würde nämlich schon sagen, dass ich oder wir Studierende generell im Moment aufgrund unseres Alters in einem aufregenden Lebensabschnitt sind (lacht). Ich stimme mit der Impfpriorisierung, wie es sie bisher gegeben hat, überein, aber ich finde es auch richtig, dass diese bald aufgehoben wird, sodass sich alle Impfwilligen unabhängig vom Alter perspektivisch impfen lassen können. (Regina B., 19, 4. Semester Jura)
Hast du Bedenken, dass sich eine Zwei-Klassengesellschaft bilden könnte?
Natürlich wird es vor allem anfangs zwischen den Geimpften und Nicht-Geimpften Unterschiede geben. Ich finde jede:r muss selbst entscheiden, ob man geimpft werden will oder nicht. Diejenigen, die sich dagegen entscheiden, müssen dann aber auch damit klarkommen, dass sie weniger Freiheiten haben werden. Ganz einfach deshalb, weil sie selbst noch nicht geschützt sind oder auch andere gefährden können. Es wird also natürlicherweise komplizierter für Nicht-Geimpfte, wenn man zum Beispiel verreisen will. (Franzi H., 20, 4. Semester Lehramt für Germanistik & Geographie)
Erwartest du prinzipiell von den Geimpften/Genesenen, dass sie aus Solidarität den Ungeimpften zuliebe freiwillig weiterhin Ihre persönlichen Freiheiten einschränken?
Nein, wieso sollten sie? Wenn man Bedenken hat, sollte man sich selbst so einschränken, dass man sich wohlfühlt. Andere sollten sich aber wegen mir nicht einschränken, sonst würde das normale Leben ja nie weitergehen. (Jessica L., 20, 2. Semester Kultur & Gesellschaft)
Die Frage ob sich die von uns befragten Studierenden impfen lassen möchten, beantworteten alle mit „Ja“.
- Fluch oder Segen? - 2. November 2022
- Schonkost für den Arbeitskampf - 30. Januar 2022
- Kiez-Kolumne Nr.3: Hammerstatt- eine hammer Stadt? - 28. November 2021