Die bayerischen Hochschulen sollten auf die Überholspur, dank eines neuen „Hochschulinnovationsgesetzes“ – doch das verzögert sich deutlich. Das gab das Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst Ende März offiziell bekannt. Zuvor hatte es Kritik am Eckpunktepapier für das neue Gesetz gehagelt (wir berichteten). Der Zeitplan gehörte dabei zu den umstrittensten Punkten: Nach der Veröffentlichung Ende vergangenen Jahres sollten die Änderungen bereits vor der Sommerpause durch den Landtag verabschiedet werden.
Das hat die Staatsregierung aufgegeben. Unter anderem wohl deshalb, weil sie ihre eigenen Versprechen nicht einhalten konnte: Das Kabinett sollte den Referentenentwurf zum Gesetz ursprünglich Anfang März verabschieden. Bis heute aber gibt es kein offizielles Dokument. Laut einem Bericht der „Süddeutschen Zeitung“ liegt das unter anderem an der Abstimmung mit dem Finanz- und dem Bauministerium. Zusätzlich gebe es wohl offene Fragen zwischen der CSU und ihrem Koalitionspartner, den Freien Wählern.
Nun soll die Veröffentlichung des Entwurfs wohl im Mai erfolgen. Über den Sommer hinweg haben die Verbände dann ausführlich Zeit, ihre Stellungnahmen zu verfassen. Erst im Herbst würde die Beratung im Landtag beginnen. Bernd Sibler, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst, betonte dabei, wie wichtig ihm die Rückmeldungen sind: „Ich will zuhören, aufnehmen, mitnehmen, was uns mitgegeben wird“, sagte er laut einer Pressemitteilung des Ministeriums.
Der Präsident der Universität Bayreuth, Prof. Stefan Leible, freut sich über die Verschiebung: „Ich begrüße die Ankündigung sehr. So haben alle Statusgruppen die Möglichkeiten, sich ausführlich mit dem Referentenentwurf zu beschäftigen und ihre Rückmeldungen einzubringen. Wir als Universität sollten uns unbedingt an diesem Prozess beteiligen, insbesondere im Rahmen von Senat und Hochschulrat.“ Auch von Seiten des Studierendenparlaments wurde die Verzögerung positiv bewertet. Diese sei ein „gutes Zeichen“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses für die Hochschulrechtsreform, Felix Mork (Juso Hochschulgruppe). Das Ministerium scheine die Kritik gehört zu haben.
Tatsächlich hatte das Eckpunktepapier regelrechte Schockwellen in der akademischen Welt verursacht. Propagiert wurde darin unter anderem die „größtmögliche Freiheit“ der Hochschulen. In der Praxis hätte das die Möglichkeit eröffnet, demokratisch gewählte Gremien wie den Senat oder den Hochschulrat abzuschaffen. Daneben waren zum Beispiel eine gesteigerte Ergebnisorientierung und mehr Kooperationen mit der Wirtschaft vorgesehen. Das hatte insbesondere – aber nicht nur – bei Geisteswissenschaftlern für Bedenken gesorgt. Mehr als 1.000 Professorinnen und Professoren unterschrieben einen offenen Brief gegen die Reform. Auch viele Vertretungen von Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitern übten Kritik. In mehreren Städten kam es zu Demonstrationen, unter anderem auch in Bayreuth.
In der Folge ruderte das Staatsministerium deutlich zurück. Sibler machte klar, dass das endgültige Gesetz weiterhin demokratische Gremien und keine Ökonomisierung der Hochschulen vorsehen werde. Auch viele andere Vorschläge des Eckpunktepapiers nahm er vom Tisch. „Nach allem, was ich gehört habe, wird sich der Referentenentwurf glücklicherweise deutlich vom Eckpunktepapier unterscheiden“, erzählt Präsident Leible. Felix Mork warnt allerdings vor zu wenig Mut: „Es besteht die Gefahr, dass aus einer Reform ein Reförmchen wird. Bayerns Hochschulen verdienen eine progressive Neuausrichtung – wenn auch in eine andere Richtung als vom Staatsministerium geplant.“
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