Ein Podcast-Promi vor der Kamera: Tommi Schmitt hat jetzt seine eigene Late-Night-Show im zdf neo. Kann das etwas werden? Unsere Autorin schildert ihre Eindrücke aus den ersten beiden Folgen.
von Lena Fiala
Eine Frage, die bei einem mittwöchlichen Telefonat zwischen mir und meinem Freund zwangsläufig fallen muss: „Und, hast du schon Gemischtes Hack gehört?“ Die Antwort lautet selten Nein. Mittwoch ist eben Hack-Tag. Dann wird diskutiert über die Inhalte der neuen Folge: Was war lustig, was empfinden wir genauso, welche Aussagen finden wir unangemessen? In dem Podcast reden Comedian Felix Lobrecht und Comedy-Autor Tommi Schmitt wöchentlich über Gott und die Welt. Besonders im eintönigen Lockdown-Alltagstrott strukturieren solche Konstanten die Woche und füllen sie mit Content.
Seit Kurzem gibt es nun ein neues Format, das Zerstreuung bieten könnte: Das Studio Schmitt. Tommi Schmitt hat eine eigene Fernsehshow im, wie er es nennt, zweiten df neo. Wird der Donnerstag jetzt Schmitt-Tag werden?
In der ersten Episode erklärt Schmitt erst einmal, dass diese ja eigentlich gar kein richtiges Konzept habe und sich noch entwickeln müsse. Zusammen mit der zuvor bereits im Podcast zigfach wiederholten Aussage, die Show wolle eigentlich gar nicht so viel und brauche erst einmal Zeit, um zu wachsen, wirkt es so, als wolle der gebürtige Detmolder die Erwartungen bewusst niedrig halten, um sich gegen Kritik zu immunisieren.
Es folgt ein Stand-Up zu den aktuellen Schlagzeilen, die allerdings nicht wirklich zum Vortragenden passen. Die Impfungen in den USA gehen schnell voran? Es sei doch super, wenn Schüler*innen immun sind, bevor sie erschossen werden. Pointen wie diese kommen eher geschmacklos als humorvoll rüber.
Das anschließende „frontallappen 21“ ist eine durchaus amüsante und vielschichtige Besprechung der Genderpause beim Sprechen. Leider bleibt das Fazit, auf das sich die beiden Stimmen in Tommis Kopf einigen, jedoch folgenlos: Am Ende spricht er die Zuschauenden trotzdem mit „Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer“ an. Der Kategorie „Gaga-Kompositum“ der Woche merkt man den Einfluss durch den Podcast-Partner Felix Lobrecht an.
Sabine Rückert, stellvertretende Chefredakteurin der ZEIT und Moderatorin des True Crime Podcasts „ZEIT Verbrechen“ ist der erste Gast in Schmitts Sendung. Das klingt vielversprechend, hält aber leider nicht, was es verspricht. Auf das nett gemeinte „Lust auf ein paar schnelle Fragen im Stehen?“ antwortet die Journalistin mit „Lust nicht, aber ich werde ja wohl antworten müssen!“. Soll das lustig sein? Auch im anschließenden Interview im Sitzen kommt das Gespräch nicht richtig ins Rollen. Immerhin das Spiel „True oder Fake Crime“, bei dem die beiden erraten müssen, welche Verbrechen wirklich passiert sind, lockert das Ganze etwas auf.
Schmitt scheint bei der ersten Ausstrahlung verständlicherweise etwas nervös. Ohne Publikum im Studio, kein echter Applaus, keine Lacher – das sind schwierige Startbedingungen für das erste Mal im „On“.
In der zweiten Episode dagegen gestaltet sich die Interaktion mit dem Gast Henning May, Sänger der Band AnnenMayKantereit, wesentlich natürlicher. Der Musiker ist nicht nur ein interessanter und schlagfertiger Interviewpartner, sondern beweist auch Sinn für Humor. Bereits vor der Ausstrahlung der zweiten Folge Studio Schmitt ist auf Instagram ein Video zu sehen, in dem May die Ballade „Tommi“ singt, während dieser gerade in der Maske sitzt und überhaupt nicht versteht, was gemeint ist.
Zwar wird im Interview leider nicht geklärt, für wen der Song denn nun geschrieben worden ist, die Begriffserklärung zu dem Wort „Musik“ durch Kurt Brödel ist dafür wesentlich weniger unangenehm als dieselbe zum Thema „Zeit“ in der Woche zuvor. Diesmal sind es nicht nur oberflächliche, schon fast peinliche Witze, sondern es wird subtile Kritik am Stellenwert der Kulturbranche in Corona-Zeiten geübt. Nur Tommis ironische Geschäftsideen für Produkte, die eigentlich schon erfunden worden sind, wie beispielsweise das Fahrrad oder das „Offline-Shopping“ in der Innenstadt, sind zumindest für Hörer*innen seines Podcasts nichts Neues.
Alles in allem fühlt sich das zweite Mal Studio Schmitt aber wesentlich kurzweiliger an und es macht Spaß, zuzuschauen. Als Henning May dann auch noch „Tommi“ am Klavier zum Besten gibt, ist der Abend gerettet. Die neue Late-Night-Show ist auf einem guten Weg, sehr unterhaltsam zu werden. Schmitt selbst fordert im Podcast Zeit ein, um erst einmal reinzukommen und die Show wachsen zu lassen – die soll er bekommen. Vorläufig wird der Donnerstag also auf jeden Fall Schmitt-Tag werden.
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