Eine Glosse über Corona, Clubhouse und Candy-Crush
Es sind die großen C´s, die unsere Gesellschaft in den letzten Tagen, Wochen und Monaten umtreiben. Sie haben eigentlich gar nicht so viel gemeinsam, sie teilen gewissermaßen ihre Unterschiedlichkeit. So schließt das eine C auf eine beängstigende Weise alle ein und das andere C ist pervers exkludierend. Dem einen C will man einfach nur aus dem Weg gehen und mit dem anderen will sich die Crème de la Crème und so manch notorischer Mitläufer um jeden Preis connecten. Und Candy-Crush ist vielleicht ansteckend, hat gleichzeitig aber auch eine therapeutische Wirkung. Es ist sozusagen das digitale Globuli unseres Zeitgeists.
Sicher ist Clubhouse, eine App die perfide vermarktet in einen kleinen Kreis geworfen wurde, bei weitem nicht so existenziell bedrohlich wie eine nicht enden wollende Pandemie. Bedrohlich ist sie aber in einem anderen Sinne für den ein oder anderen. Es ist schon alles etwas surreal und so manche AkteurIn fühlte sich vielleicht sogar wie in einem Traum. Eigentlich war es doch so gemütlich privat und confidential an der virtuellen Bar. Und eigentlich kannte Bodo doch alle, zu denen er sprach. Doch irgendwann hörte sich der Kreisel auf dem Tresen auf zu drehen und fiel um. Da war er aus, der Traum vom lockeren Geplauder und gegenseitigem Schulterklopfen im virtuellen Raum. Es folgte noch am nächsten Tag ein Artikel. Verfasst von einem, der dabei war und sich über die Guidelines hinweg einer höheren Moral, das heißt einer Schlagzeile, verschrieb. Und so kamen die erhobenen Zeigefinger, berechtigten Einwände und polemischen Kommentare. Streitigkeiten über journalistische Qualitätskriterien, Richtlinien und Sexismus.
Clubhouse hat gewissermaßen das auf die Spitze getrieben, was soziale Medien seit jeher in ihren digitalen Kommunikationsräumen irrwitzig (re)produzieren: den Glauben an eine private Unterhaltung in einem öffentlichen Raum. In Zeiten des pandemischen C´s ist es leider nicht einmal abwegig, dass wir uns nach dieser oder zumindest irgendeiner Nähe sehnen. So stammelt einer der jungen Moderatoren des besagten Clubraumes in einem Kommentar nach der Misere, dass gerade seine Generation, die sich seit einem Jahr isoliert in ihren WG-Zimmern vorfinde, sich nach Austausch sehne und es ihr fehle, auf fremde Menschen zu treffen. Scheinbar gaukelt man sich dann lieber selbst vor, sich in einem Austausch zu befinden – hautnah und auf Augenhöhe. In Vergessenheit geraten dabei die Rollen, die jedem anhaften. So verkörpert ein Politiker eben genauso eine bestimmte Rolle, wie ein Journalist.
Was übrig bleibt vom banalen Smalltalk – ein Politiker im Kreuzfeuer. Und es werden noch so einige Personen des öffentlichen Lebens in eines geraten und immer weniger in eines mit Substanz. Vielleicht ist es manchmal gut nicht alles mitzuhören? Obwohl Spielsucht bei Verantwortungsträgern schon auch ein Thema mit öffentlicher Relevanz ist. Besonders, wenn es sich beim Game um die Akkumulation und Ordnung von Süßigkeiten handelt, während man sich gleichzeitig im realen Leben verzockt.
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