CAMPUSoffline?

Die Vorwürfe gegenüber CAMPUSonline ziehen weite Kreise. In der F.A.Z. kritisiert Tobias Hauffe, Soziologe an der kulturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Bayreuth, das 2016 eingeführte Lehrverwaltungsprogramm und die jüngsten Verbesserungsmaßnahmen deutlich. Das Hauptproblem: CAMPUSonline scheitere, die tatsächlich erbrachten Studienleistungen im Zeugnis vieler Studierenden, besonders kleinerer Fakultäten, abzubilden. Konkret bedeute das falsche Veranstaltungstitel, fehlende Modulzuordnungen und falsche Prüfungsdaten im Zeugnis – mit explodierendem Arbeitsaufwand an den Lehrstühlen zur Folge. Dass sich die zuständigen Stellen um Lösungsansätze bemühen, erkennt Hauffe an. Doch seien diese Ansätze fundamental fehlorientiert: „Unangetastet bleibt in allen Diskussionen die Prämisse, dass ein für alle Studiengänge gleichermaßen funktionierendes System gewollt ist.“ „Technische Rationalität bestimmt das Denken. […] Das Studium hat zum System zu passen und nicht umgekehrt.“ Hauffes Forderung: Eine Abkehr von der Idee, dass CAMPUSonline ein für alle Studierenden einheitliches System sein soll. Jedoch hält Hauffe diese für ein riskantes Unterfangen: „‚Du musst aufpassen, dass nichts an dir hängenbleibt‘, kann man von etablierten Professoren hören, wenn man in den entsprechenden Sitzungen ein kritisches Sachargument äußert.“

Das möchten wir zur Debatte stellen. Mit der Hochschulleitung, dem Campus Management, einem in der Studiengangsplanung tätigen Dozenten und der studentischen Vertretung im Arbeitskreis CAMPUSonline haben wir über die Probleme von CAMPUSonline gesprochen.

Dr. Markus Zanner, Universitätskanzler

Zanner räumt ein, dass besonders bei kleinen und komplexen Studiengängen die Koordination der Prüfungsdaten schwierig sei. In einer separaten Pressemitteilung sagt er:

„In Bayreuth gibt es im Vergleich zu großen Universitäten aber wenig Massenveranstaltungen oder -klausuren. Fast alle Studiengänge bei uns haben individuelle Eigenheiten, die in CAMPUSonline erfolgreich abgebildet worden sind. Dabei spielt die Größe der Studiengänge keine Rolle. In allen Fachbereichen und Studiengängen gibt es Seminare, Referate und Hausarbeiten mit individuellen Themen und unterschiedlichen Abgabezeitpunkten.

Bei einigen wenigen Studiengängen gibt es aber noch Schwierigkeiten. Diese liegen auch, aber nicht nur, an einer unterschiedlichen Qualität der eingegebenen Daten. Daten wie englischsprachige Titel von Lehrveranstaltungen, Themen von Seminararbeiten oder Noten werden von Menschen eingegeben: Lehrstühlen, Dozenten, Studiengangmoderatoren, Modulverantwortlichen, Prüfungsämtern. Nur gemeinsam schaffen wir hier eine gute Datenqualität, und wir arbeiten täglich daran, die Hinweise von Studierenden bezüglich fehlender oder falscher Daten, umzusetzen.“

Derzeit suche die Hochschulleitung gemeinsam mit den Leitern des Prüfungsamtes nach Möglichkeiten, das Prüfungsamt zu dezentralisieren. An zwei Fakultäten probiere man dieses Modell bereits aus. Somit sollen die Probleme in den einzelnen Fachbereichen besser gelöst werden. Insgesamt bemühe man sich um einen offenen Diskurs und die Einbindung aller Beteiligten. Man könne sich auch direkt an Herrn Dr. Zanner wenden.

Jan Daniel Fauth, StuPa und Arbeitskreis CAMPUSonline

„Jeder Studierende, egal welches Studiengangs, ist es wert, beachtet zu werden.“

Jan Daniel Fauth

Der Arbeitskreis CAMPUSonline wurde vor einem Jahr ins Leben gerufen, um Probleme der Studierenden mit CAMPUSonline an die Stabsabteilung Campus Management heranzutragen. Dem Gremium sitzt Prof. Eymann vor. Von studentischer Seite sprach einer der StuPa-Vertreter des Arbeitskreises Jan Daniel Fauth mit dem Falter: „Jeder Studierende, egal welches Studiengangs, ist es wert, beachtet zu werden.“ Da CAMPUSonline gerade Probleme bei kleineren Studiengängen verursache, liegt hier einer der Schwerpunkte des Arbeitskreises. Kurzfristig setze er sich für Verbesserungen der – im Vergleich zu CAMPUSonline benutzerfreundlichen – Oberfläche cmlife ein. Zum Beispiel können in cmlife Prüfungszuordnungen nun auch von den Studierenden selbst durchgeführt werden. Langfristig soll cmlife CAMPUSonline sogar ersetzen können – zumindest für Studierende. Ein aktuelles Projekt des StuPa sei es, Prüfungsordnungen und Studienempfehlungen so abzubilden, dass auch Erstsemester mit komplexen Studienverlaufsplänen ihren zukünftigen Studienverlauf nachvollziehen können – auf einen Blick. Noch gestalte sich vor allem dies als herausfordernd, da es viele Studiengänge mit komplexen Prüfungsordnungen gebe. Ziel sei dabei der Brückenschlag zwischen den Studiengangsmoderatoren und den Programmierern von CAMPUSonline. Auch die Kompetenz der Universitätsmitarbeiter müsse verbessert werden: Schulungen und Tutorials, die zwischenzeitlich fast kaum angeboten wurden, werden wieder hochgefahren. Die Titel von Seminararbeiten können nämlich in das Zeugnis eingepflegt werden, nur wissen nicht viele, wie das geht. Hier sollen Kurz-Anleitungen kommen. Die Richtung ist dabei klar: cmlife soll sich an die Bedürfnisse der Studierenden anpassen, nicht andersherum.

In dieser Hinsicht stimmt der Arbeitskreis CAMPUSonline auch mit Tobias Hauffes Überzeugung überein. Jedoch dürfen die Verantwortlichen den Weg der Vereinheitlichung nicht verlassen: Je einheitlicher das Programm, desto einfacher lassen sich interdisziplinäre Veranstaltungen – als Markenkern der Universität Bayreuth – realisieren. Von einer Rückkehr zum System der Scheine halten die studentischen Vertreter nichts. Auch weil die Fallzahl von falschen Zuordnungen zurückgeht. Die Kommunikation über Lösungsansätze sei darüber hinaus sehr konstruktiv. Die studentische Perspektive auf die administrativen Programme und ihre Probleme werde von der Hochschulleitung wertgeschätzt. Gegenüber Tobias Hauffe wünschen sich die studentischen Vertreter ein gemeinsames Treffen für einen nach vorn gerichteten Umgang mit CAMPUSonline.

Dr. Uwe Czaniera, Dozent Philosophy & Economics

„Ich als Dozent und in der Studiengangsverwaltung involvierte Person hatte mit dem alten System „FlexNow + Scheine auf Papier“ ein leichteres und effizienteres Dasein.“

Dr. Uwe Czaniera

In der Planung eines interdisziplinären Studiengangs nahm Uwe Czaniera die Einführung von CAMPUSonline an vorderster Front wahr. Zahlreiche ungelöste Probleme und Folgeprobleme stimmen ihn aber pessimistisch ob der Qualität des Systems:

„CAMPUSonline: hier scheint man die Uni zu früh ins kalte Wasser geworfen zu haben. Das System ist vermutlich brauchbar für Studiengänge, in denen man es im Wesentlichen mit stets wiederkehrenden Vorlesungen zu tun hat. Das gibt man einmal ein, und dann werden die Veranstaltungen einfach in den folgenden Semestern kopiert. Die Lehrenden müssen dann nicht mehr machen als eine Prüfung anzulegen und die Noten einzutragen.

In einem eher seminarlastigen Studiengang, der in jedem Studienjahr neue Seminare anbietet, hilft diese Kopierfunktion relativ wenig. Die Veranstaltungen müssen zum großen Teil immer neu angelegt werden. Die Modulverknüpfungen einzurichten, ist extrem umständlich und zeitaufwendig. Immer wieder gibt es Ärger, wenn Studierende sich für etwas anmelden wollen, was sie angeblich schon belegt haben. Die Benutzerführung ist so kontraintuitiv, dass man sich auch nach längerem Umgang mit dem System immer wieder fragt, wie es nun weitergeht. Schließlich wartet das System auch öfters mit Überraschungen auf – jemanden einfach nur zu einer Prüfung nachzumelden hat schon zur vorläufigen Exmatrikulation von Dutzenden Kommilitonen geführt.

Man könnte noch viele weitere Einzelprobleme aufführen. In der Regel kriegt man die in den Griff. Aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass CAMPUSonline jedenfalls für Studierende, Lehrende und die Studiengangsadministration eher ein Rückschritt ist: Studierende haben mit CAMPUSonline Probleme, die sie mit den früheren Systemen nicht hatten. Lehrende und die mit ihnen verbundenen Sekretariate müssen sich nicht nur mit diesen Problemen herumschlagen, sondern müssen relativ zu der Zeit vor CAMPUSonline ein Vielfaches an Arbeitszeit in die Verwaltung der Lehre investieren.

Es ist nicht logisch unmöglich, dass CAMPUSonline auch für manche Leute eine Arbeitserleichterung ist. Ich als Dozent und in der Studiengangsverwaltung involvierte Person hatte mit dem alten System „FlexNow + Scheine auf Papier“ ein leichteres und effizienteres Dasein.“

Dr. Raimund Matros, Leiter des Campus Managements

„Man muss die Begrenztheit der digitalen Abbildungsmöglichkeiten akzeptieren und damit umgehen.“

Dr. Raimund Matros

Die Universität Bayreuth hatte sich zum Ziel gesetzt, bis zum Ende der Einführungsphase im April 2016, 50% aller Studierenden mit den nötigen Curricula-Funktionen zu versorgen. Dieses Ziel habe die Universität weit über den geplanten Anteil erreicht, allerdings waren damit noch nicht alle Probleme gelöst. „Wenn heutzutage aber noch Probleme entstehen, dann seien dies neue Probleme, die auch im April 2016 hätten kommen können“, so Matros. Dass beispielsweise Bachelorzeugnisse nicht angefertigt werden können, habe zwei Gründe. Erstens sei für die Zeugnisse hauptsächlich die Endkontrolle im Prüfungsamt der Engpass. Hierbei komme es zu Verzögerungen, da in einigen Fällen noch Leistungen den entsprechenden Modulen zugeordnet werden müssen. Außerdem liege auch viel an der Eigeninitiative: Studierende, die weit vor ihrem Abschluss merken, dass etwas in ihrem Transcript fehle und sich daraufhin beim CAMPUSonline Support melden, kommen gegen Ende ihres Studiums weniger unter Zeitdruck.

Werden somit solche Probleme nachhaltig gelöst? Nur wenn es die Studien- und Prüfungsordnung zulasse und sich diese in CAMPUSonline vollständig abbilden lassen, so Matros. Dann sei das Problem gelöst und werde auch in Zukunft nicht auftreten. Wenn er jedoch auf fachliche Entscheidungen warten müsse, wie z.B. Modulzuordnungen, die außerhalb seines Einflussbereiches liegen, werde es weiterhin Wartezeiten geben.

Ein großer Kritikpunkt von Hauffe ist, dass CAMPUSonline technisch stark begrenzt sei und folglich die Prüfungsordnung sich dem System unterordnen müsse. Matros räumt ein, dass CAMPUSonline nicht alles technisch lösen könne. Man müsse aber die Begrenztheit der digitalen Abbildungsmöglichkeiten akzeptieren und damit umgehen.

Dass man derzeit auf den Verzicht auf Hausarbeitstitel diskutiere, betont Matros, sei falsch. Vor allem liege die Entscheidung nicht bei CAMPUSonline sondern bei der Präsidialkommission für Wissenschaft, Lehre und Studium.

Insgesamt sei CAMPUSonline auf einem guten Weg, sagt Matros. Letztes Jahr war die Herausforderung größer, mit bis zu 80 Anfragen am Tag. Inzwischen sei die Anzahl der Anfragen jedoch stark zurückgegangen und zu manchen Zeiten gebe es auch mehr Hilfskräfte als Arbeit.

Fazit:

In großen Studiengängen hat CAMPUSonline die meisten Probleme gelöst. Alle Beteiligten sind sich aber einig, dass das System besonders bei kleinen und komplexen Studiengängen Probleme hat. Unterschiedlich ist, wie die Beteiligten mit den Problemen umgehen möchten: Die Hochschulleitung, das StuPa und das Campus Management wollen das System behalten, vereinfachen und vereinheitlichen. Einige Lehrende der betroffenen Studiengänge bevorzugen hingegen die Rückkehr zum alten System.


Lisa Nguyen
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