Kilian vor dem TransitionHaus, zu der Zeit noch in der Ludwigstraße 24 (Foto von Angelika Graczyk)
In der Freizeit eine nachhaltige und solidarische Zukunft gestalten
von Susanne Lauck
Eine besondere Facette von Arbeit ist das Ehrenamt. Der Falter hat sich aufgemacht, um zu erkunden, wie soziales Engagement in Bayreuth aussieht. Im Zuge dessen wollen wir euch Kilian Zuchan und das TransitionHaus vorstellen.
FALTER: Hallo Kilian, deine Tätigkeit im TransitionHaus Bayreuth ist ja freiwillig. Versuch doch mal die Arbeit dort mit drei Worten zu beschreiben.
Ich glaube, wann immer man sich freiwillig engagiert, ist es das Wichtigste, dass man Spaß dabei hat. Ich mache es hauptsächlich deswegen, weil mir der Gedanke des TransitionHaus unglaublich gut gefällt und ich daran Spaß habe, mit anderen Leuten an einem Strang zu ziehen. Zudem ist Verantwortung ein recht wichtiger Begriff. Bei großen Projekten teilt man sich die einzelnen Aufgaben auf und verlässt sich aufeinander. Und ich glaube, das dritte Wort wäre dann Gemeinschaft. In Bayreuth sind wir mittlerweile mehr als 400 Leute. Mir gefällt vor allem, dass wir eine diverse Gruppe von Menschen sind, zwischen denen eine sehr angenehme und respektvolle Atmosphäre herrscht.
FALTER: Das TransitionHaus ist Teil der Transition-Bewegung. Es geht also um einen Wandel, den ihr hervorrufen wollt. Wie würdest du den Status quo beschreiben?
Ich sehe, dass über ganz verschiedene Generationen, allerdings aber auch vor allem in unserer studentischen Generation, die Idee der Nachhaltigkeit und das Bewusstwerden, dass unsere Ressourcen auf dieser Erde limitiert sind, immer stärker aufkommen. Immer mehr Leute interessieren sich für diese Themen und engagieren sich. Die Transition-Bewegung soll Raum für dieses Engagement bieten und die Möglichkeit, größere Projekte zu realisieren.
FALTER: Ihr bezeichnet euch als ökosoziale Bewegung. Wie passt das zusammen? Ich rede von den für euch zentralen Schlagwörtern Nachhaltigkeit und Inklusion.
Das Problem, das ich sehe, ist, dass zum Beispiel viele Arbeitslose nicht in der Lage sind, sich über Nachhaltigkeit groß Gedanken zu machen. Sie sind viel mehr mit finanziellen Problemen konfrontiert, wodurch die Nachhaltigkeit oft hinten runterfällt. Daher ist es uns wichtig, im TransitionHaus alle möglichen Sachen geldfrei bzw. auf Spenden Basis anzubieten. Am Ende können wir eine nachhaltige Bewegung nicht durchsetzen, ohne eine breite Bevölkerung anzusprechen.
FALTER: Ihr wollt zum einen die Menschen aktiv zusammenbringen, aber auch Informationen verbreiten, z. B. durch Vorträge.
Was wir mittlerweile etabliert haben, ist, dass einmal oder zweimal im Monat Leute kommen, die zu einem gewissen Thema sprechen. Zum Beispiel wurde letztens über gemeinschaftliche Wohnprojekte gesprochen, in denen sich drei, vier Familien zusammentun, die Interesse daran haben, zusammen zum Beispiel auf dem Land zu leben und dieses zu bewirtschaften. Hier konnten sie dann erfahren, wie man so etwas realisieren kann.
Das Flickwerk hat auch gerade offen. Dort ist das erste Ziel, dass man lernt, wie man Fahrräder repariert. Wir haben auch eine Reparaturwerkstatt jeden Mittwoch. Man nimmt Sachen auseinander und schaut, was ist da eigentlich falsch, und man versucht es zu reparieren, anstatt es einfach wegzuwerfen und neu zu kaufen. Das zentrale Prinzip des TransitionHaus ist das voneinander Lernen auf verschiedenen Ebenen.
FALTER: Würdest du das auch als Ziel des TransitionHaus beschreiben?
Ich glaube, es ist ein Mittel. Das große Ziel ist sozusagen, eine nachhaltige Zukunft zu realisieren, in der möglichst viele Menschen an gesellschaftlichen Prozessen teilhaben können und wollen.
FALTER: Kennst du die Städte in Großbritannien, die ihre eigene lokale Währung haben? Könntest du dir vorstellen, dass man auch in Bayreuth den Absatz von regionalen Produkten so ankurbeln könnte?
(überlegt) Ja, vielleicht. Was es hier ja bereits gibt, das ist die SoLaWi. Das steht für Soziale Landwirtschaft und ist ein Verein, der auch mit dem TransitionHaus kooperiert. Da ist das primäre Ziel – und das ist, glaub ich, auch das primäre Ziel von den Bewegungen in Großbritannien –, dass man den Verbraucher und den Hersteller von verschiedenen Produkten näher aneinander bringt. Sowas könnte man sich auch mit einer imaginären Währung vorstellen.
FALTER: Wäre das nicht ein Schritt zurück zu den Zeiten vor der Globalisierung?
Globalen Handel wird es immer geben und das ist auch gut und wichtig. Ich würde es auch nicht wirklich als Schritt zurück bezeichnen. Es ist vielmehr so: Wir realisieren, dass auf der Erde limitierte Ressourcen zur Verfügung stehen und wir andere, effizientere Wege finden müssen, die Ressourcen zu teilen.
FALTER: Soviel zum TransitionHaus und der Transition-Bewegung. Möchtest du dich vorstellen? Du in deiner Eigenschaft als jemand, der sehr stark gemeinnützig aktiv ist?
Ich studiere im Master Biochemie und Molekulare Biologie seit dem letzten Wintersemester und habe mich schon während der Schule freiwillig immer gerne engagiert. So richtig, warum, weiß ich nicht … weil es Spaß macht. Ich komme ursprünglich aus Brandenburg. Dort hatten wir ein Freiraum-Projekt, das war so ähnlich organisiert wie das TransitionHaus. Das TransitionHaus ist ja auch mehr eine Dachorganisation, die verschiedenen Initiativen Raum gibt. Ich bin zum Beispiel Teil des Orga-Teams. Es kommen immer wieder Leute, die sagen: Hey, wir haben hier dieses Projekt oder diesen Vortrag, können wir das nicht im TransitionHaus machen?!
Ich habe auch an der Universität schon gelehrt während meines Bachelors. Da habe ich gemerkt, mir macht Lehren unglaublich Spaß, aber was mir noch viel mehr Spaß macht, ist dieses Arbeiten in der Gruppe und die Gruppendynamik zu sehen.
FALTER: Bevor wir noch über den bevorstehenden Umzug sprechen: Was denkst du, welches Image hat freiwilliges soziales Engagement in Deutschland?
Das ist eine gute Frage. Ich könnte das vielleicht mit meinem Auslandssemester in den USA vergleichen. Dort waren gemeinnützige Tätigkeiten mehr nachgefragt und wurden auch offener kommuniziert, zumindest an meiner Universität war das so.
FALTER: Von welcher Seite nachgefragt?
Von den Studenten. Es gab mehr Studenten, die sich irgendwo engagiert haben. In einer Suppenküche oder bei irgendwelchen Universitätsaktionen wie dem Pflanzen von Bäumen. Dort hat man das damit verbunden, dass man Freunde und Bekannte sieht, wenn man an einer Sache gemeinsam arbeitet – so wie ich das hier auch mache. Hier gibt es auch viele Studierende, die sich in Vereinen oder auch politisch engagieren, es findet möglicherweise bloß nicht so transparent statt.
FALTER: Also du sprichst davon, dass man innerhalb eines Freundeskreises einen Zusammenhalt durch gemeinsames soziales Engagement schaffen kann. Wie würde unsere Gesellschaft deiner Meinung nach aussehen ohne das Ehrenamt?
Die würde zusammenbrechen. Ein aktuelles Beispiel: der Bund verlässt sich sehr stark darauf, dass ehrenamtliche Vereinigungen wie die Tafel jede Woche abgelaufenes Essen an Leute ausgeben. Dasselbe Bild hat man im Sommer vor drei Jahren gesehen, als wir plötzlich mehrere tausende schutzsuchende Menschen mehr in unserem Land hatten, die zum Teil auch medizinisch versorgt werden mussten. Und aus dem Nichts fanden sich viele freiwillige Helfer, die sich für sie eingesetzt haben. Das hat mir gezeigt, dass das Potential in Deutschland auf alle Fälle da ist.
FALTER: Zum Schluss noch zu einem ganz aktuellen Thema: Das TransitionHaus muss ja umziehen. Wie sollte euer neues Zuhause aussehen?
Idealerweise wäre es auch in der Innenstadt. Eine Küche wäre super wichtig, da unsere KüFa, also die Küche für alle, wo zusammen gekocht und gegessen wird, sich großer Beliebtheit erfreut. Dann ein größerer Raum und mehrere kleinere Räume. Je mehr Räume, desto mehr Platz haben wir zur Realisierung vieler neuer Ideen.
Mehr Infos zum Projekt unter www.transition-bayreuth.de.
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