28 Stunden pro Woche arbeiten mit vollem Lohnausgleich für zwei Jahre – Dies forderte die Gewerkschaft IG Metall in einer Initiative vergangenen Februar. Grund dafür seien die neuen Arbeitsverhältnisse: Im Zuge der Digitalisierung und Produktivitätssteigerung komme es zu einer „neuen Welle von Massenentlassungen“, eine Verkürzung der Wochenstunden könne zu einer „Entlastung des Arbeitsmarktes“ führen. Bereits heute werden flexiblere Arbeitsmodelle wie Home-Office oder Gleitzeit gängiger. Eine Verkürzung von Arbeitszeiten mit vollem Lohnausgleich ist jedoch eine neue Forderung – doch ist dies auch volkswirtschaftlich tragfähig?
In Göteborg, Schweden, funktioniert die 30-Stunden-Woche bereits. Vor vierzehn Jahren hat das dort ansässige Toyota-Werk eine reguläre Arbeitsschicht in zwei Arbeitsschichten aufgeteilt. Das Ergebnis: Die Arbeiter waren zufriedener, wurden seltener krank und auch das Unternehmen selbst konnte Gewinnsteigerungen erzielen. Toyota hat seitdem das neue Arbeitszeitenmodell beibehalten. Aufgrund des überraschenden Erfolges wollte man in Göteborg dasselbe Modell in Altersheimen und Krankenhäusern testen. Das Pilotprojekt lieferte ähnlich erfolgreiche Ergebnisse: Die Patienten fühlten sich besser versorgt, der Krankenstand der Mitarbeiter sowie die Wartezeit nahmen ab. Trotz des Erfolges wurde das Experiment eingestellt: Die Zusatzkosten für das Projekt waren zu hoch, da eine 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich den Einsatz von viel mehr Personal erfordert.
Wenn man in absehbarer Zeit die 30-Stunden-Woche einführen würde, so hätte das verheerende volkswirtschaftliche Folgen, sagt Dr. Alexander Speerman, habilitierter Arbeitsmarktexperte und Dozent an der Uni Freiburg. Ähnliche Entwicklungen konnte man bereits in Ostdeutschland nach der Wiedervereinigung beobachten. Zwar wurde kein 6-Stunden-Tag eingeführt, aber dafür haben sich die Löhne für dieselbe Arbeitszeit erhöht. Das Resultat war ein massiver Einbruch in der Produktion. Kann aber eine Volkswirtschaft nicht nachhaltig von einer erhöhten Produktivität profitieren, die durch kürzere Arbeitszeiten ermöglicht wird? Erkenntnisse über diesen Zusammenhang gibt es noch nicht genug und müsse noch weiter erforscht werden.
Nicht unbedingt kürzer, aber flexibler – so sieht also die zukünftige Arbeitswelt aus. Ob das auch bedeutet, dass wir weniger arbeiten werden, bleibt offen.
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