Eine Apokalypse ohne Asteroiden und eine Rettung ohne Bruce Willis

Filmreview über „Tomorrow – Die Welt ist voller Lösungen“

Zombies, Aliens, Asteroiden – sie alle könnten die Menschheit eines Tages auslöschen und die Erde vollständig vernichten. Zumindest wenn es nach Hollywoods Drehbuchautoren geht. Zum Glück gibt es da immer noch den Hauptprotagonisten, der sich heldenhaft zur Wehr setzt und die drohende Gefahr im letzten Moment erfolgreich abwendet. Science Fiction, mag man nun denken, – vollkommen zu Recht natürlich. Nur mit einem kleinen, aber ausschlaggebenden Unterschied: Denn Experten gehen tatsächlich davon aus, dass die menschliche Zivilisation in den nächsten 40 Jahren zusammenbrechen könnte. Und zwar ganz ohne die freundliche Unterstützung von Zombies & Co. Diese steile These stammt aus einer Studie der Zeitschrift „Nature“ aus dem Jahr 2012*. Verantwortlich für die ganze Misere ist dabei nicht etwa eine drohende Gefahr aus dem All, sondern einzig und allein der Mensch.

Der Dokumentarfilm „Tomorrow“ hat sich dieser Problematik angenommen und betrachtet in fünf Episoden die Bereiche Landwirtschaft, Energie, Wirtschaft, Demokratie und Bildung. Was der Film uns sagen möchte: Wir können nicht so weitermachen wie bisher. Eine Botschaft, die die wenigsten von uns groß überraschen wird. Denn wir wissen bereits, dass in unseren Meeren riesige Plastikinseln schwimmen, dass es sich bei Erdöl um eine endliche Ressource handelt, aus der wir nicht für immer schöpfen können und dass unser Lifestyle die Zerstörung ganzer Ökosysteme veranlasst. Wir kennen den Status Quo: Vieles läuft schief, wobei „auf den Abgrund zu“ es schon eher treffen würde.

Also ein weiterer Film, der den Finger hochhält wie Lehrer Lämpel? Nicht wirklich. „Tomorrow“ gibt Fakten und Zahlen an die Hand, die erschreckend sind und die aufhorchen lassen. Doch im Gegensatz zu manch anderem Dokumentarfilm belässt „Tomorrow“ es nicht dabei, die identifizierten Probleme ausgedehnt zu besprechen. Stattdessen zeigt der Film konkret auf, was bereits heute unternommen wird, um diese Probleme zu bewältigen. Zwei Stunden nimmt der Film uns mit auf eine Reise in zehn Länder, zu Menschen, die es besser machen wollen und die als gutes Beispiel vorangehen. Das Ergebnis sind viele erstaunliche Geschichten über Menschen, die Know-how und Tatkraft zusammenbringen, um Bemerkenswertes zu erschaffen. Im wahrsten Sinne des Wortes schlägt dieser Film Brücken: Zwischen Menschen, zwischen Systemen, zwischen dem, was wir brauchen und dem, was uns die Erde bietet. Das macht „Tomorrow“ zu einem Film, der unvermeidlich ist und den jeder gesehen haben sollte, der seine Lebensaufgabe bisher noch nicht gefunden hat. Denn schließlich gibt es genug, für das es sich die Ärmel hochzukrempeln lohnt. Für Asteroiden, die zerstörerisch auf die Erde zurasen, haben wir ja immer noch Bruce Willis. Der wird’s dann schon richten.

What to know:

1.    Nahrungsmittelknappheit könnte eines Tages das Ende der Menschheit bedeuten.
2.    Bereits 2050 soll es wenig Öl und erschwert Zugang zu Wasser geben.
3.    Fünf der sechs größten und reichsten Unternehmen weltweit sind Ölfirmen.
4.    80% unserer Energie fließt in Kühlung, Heizung und Transport.
5.    Der komplette Wasserkreislauf der Erde gilt als gestört, was zu Klimakatastrophen führt und den Zusammenbruch von Ökosystemen einleitet.
6.    Viele moderne Demokratien verhalten sich wie Oligarchien: Die Wünsche der Unternehmen werden gewährt, die des Volkes abgeschlagen.

What else to know:

1.    Mikrofarmen, die ihre Felder von Hand bewirtschaften, produzieren genauso viel Ertrag wie solche Betriebe, die Traktoren einsetzen, jedoch 10x so viel Land besitzen.
2.    Bis 2050 soll sich ganz Dänemark mit einer Energie-Kombination aus Sonne, Wind, Biomasse und Erdwärme selbst versorgen können.
3.    Island ist schon heute zu 100% energieautark, z.T. dank Geothermie.
4.    San Francisco recycelt 80% seines gesamten Mülls.
5.    Bildung hört nicht nach Mathe, Bio und Englisch auf, deshalb wird in Finnlands Schulen auch Schneidern, Werken, Musizieren, Hausarbeit und Gemeinschaftssinn gelehrt.
6.    Lokale Währungen wie der Totnes Pound stärken Arbeitsmarkt, Einkommen und Wohlstand einer Gemeinde.

•    Regie: Mélanie Laurent & Cyril Dion (F)
•    Erscheinungsjahr: 2015
•    Dauer: 120 Minuten
•    Auszeichnungen: César in der Kategorie „Beste Dokumentation“

* https://www.nature.com/nature/journal/v486/n7401/full/nature11018.html